100 Jahre Hamburger VHS
Erwachsene. Erwachsenenbildung muss immer an den individuellen Lernvoraussetzungen und Möglichkeiten der Teilnehmenden ansetzen. Bezogen auf eher bildungsferne Menschen heißt das, dass VHS sich wegbewegen muss vom einzelnen Kurs hin zu individuell kuratierten Bildungsketten. Die Stadt soll bis 2035 um rund 162.000 Einwohner wachsen, also rund 10.000 pro Jahr. Soll die VHS mitwachsen? SCHNOOR: Die Nachfrage nach VHS-Angeboten wächst schon jetzt kontinuierlich – und wird es angesichts der vielen Neu-Bürgerinnen und -Bürger noch weiter tun. Wenn ich mir anschaue, wie groß unser offenes Weiterbildungsangebot in Relation zur Bevölkerungszahl ist, dann komme ich zu der Einschätzung: Es gibt in Hamburg durchaus noch Luft nach oben. Nehmen Sie im Vergleich München: München hat ca. 400.000 Einwohner weniger als Hamburg, die Münchner Volkshochschule bietet ein etwa doppelt so gro- ßes Angebot wie wir in Hamburg. Da geht noch etwas, würde ich sagen! Gleichzeitig müssen bei dieser Entwicklung die Ressourcen mitwachsen, die die Stadt bereitstellt. SCHULZ: Ich glaube nicht, dass zwangsläufig die Bevölkerungszahl der einzige Indikator dafür ist, wie stark die Nachfrage ist. Das hat auch etwas damit zu tun, wie erfolgreich es die VHS schafft, bestimmte Teilnehmerkreise überhaupt zu akquirieren. Das müssen wir dann bei einem entsprechenden Wachstum der VHS miteinander besprechen, wie wir das hinbekommen. Und dann wäre da noch das Haus der Weiterbildung. Die Frage, ob wir ein Haus der Weiterbildung brauchen, haben wir schon be- antwortet. Es ist auch nicht mehr die Frage, ob wir das wollen oder nicht. Die Frage ist, wie wir das realisieren. Daran arbeiten wir und ich bin zuversichtlich, dass wir 2019 eine Lösung finden. Das Haus der Weiterbildung erfüllt mehre- re Funktionen. Es bündelt das Angebot, fasst die Mitarbeitenden an einem zentralen Ort zusam- men. Und es ist ein Symbol für die Weiterbildung in der Stadt, wie das Gewerkschaftshaus oder das Rathaus – da hat jeder sofort ein Bild. Das wäre so eine Art Markenzeichen für Erwachsenen- bildung. Daneben gibt es natürlich noch viele sachli- che Gründe für das Haus der Weiterbildung: Vor allem werden die Räumlichkeiten, die die VHS in Schulen im Moment nutzt, durch die Ganztags- schulangebote immer knapper. Die VHS braucht dringend eigene Räume, in denen Erwachsene gern lernen. Schließlich kommen die Kundinnen und Kunden der VHS freiwillig und bezahlen ein Entgelt für die Kursteilnahme. Außerdem fehlen der Hamburger Volkshochschule an zentraler Stelle Räumlichkeiten, um größere Veranstal- tungen durchführen zu können. Das nimmt Hamburg, das nimmt der VHS die Möglich- keit, sich mit größeren Formaten in der Stadt zu präsentieren. SCHNOOR: Sie haben mir aus dem Herzen gesprochen. Viele großstädtische Volkshoch- schulen haben in den letzten Jahren neue Häuser bekommen. Manchmal aus stadtent- wicklungspolitischen Gründen, aber vielfach sind die neuen Häuser auch ein Statement der Stadt, dass hier etwas dafür getan wird, dass die Menschen sich weiterbilden müssen und die Kommune sie – auch durch attraktive und gut erreichbare Räume – dazu einlädt. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger diesem Bedarf bald auch in einem attraktiven gesamtstädtischen Haus der Weiterbildung nachgehen können – selbst- verständlich ohne dass die VHS sich aus den Regionen zurückzieht. VOLKSHOCHSCHULE MUSS FLEXIBEL SEIN. RAINER SCHULZ 31 100 JAHRE HAMBURGER VOLKSHOCHSCHULE | MARLENE SCHNOOR Seit April 2012 Sprecherin der Geschäftsführung der Hamburger Volks- hochschule (VHS), 2. Staatsexamen als Lehrerin an allgemeinb. Schulen, Fächer Deutsch und Politik, seit 1985 in unterschiedlichen Funktionen für die VHS tätig: als Pädagogische Mitarbeiterin und stv. Fachbereichsleiterin Deutsch als Fremdsprache, Regionalleiterin Nord und Mitte, Abtei- lungsleiterin Vertrieb und Mitglied der Geschäftsführung.
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