Jahresbericht 2017

Die Neustarterin Veronika Gorobinskaya (25) aus Kasachstan hat die Liebe vor fast vier Jahren nach Deutschland verschlagen – mit einen gerade absolvierten Bachelor in Betriebswirtschaftslehre in der Ta- sche. „Ich hatte Angst, den Einstieg nicht zu schaffen, weil ich keine Berufs- erfahrung habe“, sagt sie. Gleich nach ihrer Ankunft hat sie mehrere Deutsch- kurse absolviert, arbeitet nebenbei in einer Bäckerei und jobbt als Trainerin in einem Sportverein. „Das ist gerade sehr stressig, aber dieser Kurs hier bringt mich wirklich weiter. Wir erfahren viele wichtige Sachen, reden miteinander, üben die Arbeits- und Fachsprache. In der Bäckerei habe ich alles gelernt, was man dort lernen kann, jetzt will ich weiter.“ Veronika Gorobinskaya möchte unbedingt einen anspruchsvolleren Job, in dem sie ihr Wissen aus dem Studium nutzen kann. „Das Projekt Be.Economist! ist ein wichtiger Schritt für mich, da- durch habe ich viel Sicherheit bekom- men.“ Der Ambitionierte M-Nehad Almaalaki (27) kam vor zwei Jahren aus Syrien nach Hamburg, in einer 15-tägigen, äußerst schwierigen „Reise“ über die Türkei, Griechenland und Osteuropa. Er hat in Syrien eine Wirtschaftsfachschule besucht und in Kairo seinen Bachelor in Betriebswirt- schaftslehre gemacht. Über diverse Deutschkurse und mehrere Praktika in großen Unternehmen wie Ernst & Young kamM-Nehad Almaalaki zu Be.Economist!. „Der nächste Schritt ist für mich eine feste Stelle, kein weiteres Praktikum“, sagt er. „Man muss die Regeln kennen – und hier in diesem Kurs lerne ich jeden Tag so viel. Regeln und Gesetze, Fach- sprache. Wir tauschen uns auch unter­ einander intensiv aus. Ich möchte gute Zukunftsperspektiven haben – und ein erfolgreicher Mensch sein.“ Nebenbei möchte M-Nehad Almaalaki gern als Basketballtrainer arbeiten. Das hat er auch schon in Syrien getan, aber bisher noch keinen passenden Verein in Ham- burg gefunden. Der Erfahrene Lorenzo Romano * (32) hat in Italien Verwaltungswissenschaften studiert und ist vor zweieinhalb Jahren nach seinem Master-Abschluss nach Hamburg gegan- gen: „In Italien ist es zurzeit schwierig, einen festen Job zu bekommen. Im ganzen Land gibt es für Verwaltungs­ wissenschaftler pro Jahr höchstens zwei, drei Stellen.“ Er ist begeistert von Be.Economist!: „Man bekommt in den sechs Monaten einen guten Überblick, beispielsweise über das Wirtschafts­ system, das Arbeitsrecht, kann ein Prak- tikummachen. Wir sprechen miteinan- der, lernen auch voneinander viel über die Sprache. Ich weiß jetzt, worauf es in Deutschland wirklich ankommt. Der Kurs ist für die Phase perfekt, wenn man schon gut Deutsch spricht und einen Job sucht.“ Nach Italien möchte Lorenzo Romano nicht zurück: „Ich habe jede Menge Deutschkurse besucht, gejobbt und viel investiert. Bildung ist der Schlüs- sel für Hoffnung und Zukunft. Jetzt fängt die Arbeit für mich erst richtig an.“ t e i l n e hm e n d e b e r i c h t e n Das Durchführen von Projekten gehört seit über 20 Jahren zu den Auf- gaben der Hamburger Volkshochschule. Dabei ist sie Teil eines über- regionalen Netzwerks von Kooperationspartnern. 2017 wurden elf Pro- jekte durchgeführt, wovon sich fünf an Migrantinnen und Migranten richteten, je eines an Langzeitarbeitslose, Lernungewohnte und Schü- lerinnen und Schüler. In drei Projekten ging es um Fragen der Integrati- on von Geflüchteten. Insgesamt gab es im Bereich Projekte 2017 etwa 3.000 Teilnehmende. Neben Be.Economist! wurden unter anderem die folgenden Projekte gestartet. Erstorientierungskurse für Flüchtlinge: In 300 Unterrichtseinheiten erhalten Asylbewerberinnen und -bewerber einen Überblick über das Leben in Deutschland. Themen der seit August 2017 laufenden Kurse sind u. a. das Arbeiten, Einkaufen und Gesundheitssystem. Darüber hinaus gibt es Exkursionen, etwa zu Behörden und auf einen Markt. ICARO: In demProjekt, welches von der spanischen Organisation SEF geleitet wird, geht es um die Verbesserung der Beschäftigungsfähig- keit von Arbeitslosen und ihrer Chancen auf soziale Teilhabe. ICARO ist ein Pilotprojekt, an dem die VHS Hamburg sich seit September 2017 gemeinsam mit Bildungseinrichtungen in Litauen, Irland, Grie- chenland und Belgien beteiligt. RefugeesIN: Ziel des noch bis Ende 2018 laufenden EU-Projektes ist das Aufbrechen und Überwinden von Stereotypen – hierfür arbeiten Geflüchtete ihre persönliche Geschichte filmisch auf und geben so Einblick in ihre Erfahrungen. Die entstehenden Filme werden länder ­ übergreifend getauscht und öffentlich gezeigt. So soll mehr Ver- ständnis für die Lebensperspektiven von Menschen mit Fluchtge- schichte entstehen. P r o j e k t e a n d e r V H S 25

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